Bad Vilbel 05.05.23: Nach knapp 7 Stunden Zugfahrt komme ich endlich am Treffpunkt des Laufs der Verrückten an. Ich bin so aufgeregt, dass ich ganz überfordert damit bin, meine Beutel zu packen.
Nach einer kurzen Einweisung und noch etwas zurechtfinden geht es auch schon los zum Startpunkt. Der Versuch, im Auto nochmal zu schlafen scheitert kläglich, aber der Wille war da…
Bevor es losgeht wird Psalm 23 als Segen vorgelesen: Ein Psalm Davids. Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.
Wir können noch nicht ahnen, wie wichtig dieser Psalm im Laufe des Marsches wird…
Die Nacht verfliegt ganz schnell, die Motivation ist groß und Pausen werden kaum gebraucht. Und dann passiert das Undenkbare. Früh morgens (die Sonne war schon voll aufgegangen) laufen wir an
einer Kreuzung vorbei bergab. Nachdem wir nach 3 Kilometern stehen bleiben, weil keine Station kommt, vergleichen wir die Koordinaten der Station mit unseren. Wir haben uns verlaufen.
Es gibt 3 Optionen:
1. Um Hilfe bitten und aufgeben - das kommt nicht in Frage.
2. Den Weg zurücklaufen - es würde wieder nur bergauf gehen und die Stimmung war schon im Keller.
3. Weiter nach unten laufen und hoffen, dass der Umweg nicht so weit und anstrengend wird.
Da wir stets Neues entdecken wollen, haben wir uns für Variante 3 entschieden und sind dann aus der falschen Richtung bei der Station angekommen. Nachdem wir hier fast eine Stunde pausiert haben,
sank die Hoffnung, dass man es bis zum Ende schaffen könnte und das „von Station zu Station“-Denken wurde umso wichtiger. Und so ging es weiter von Station zu Station. Es gab Hochs und Tiefs und
man geht zusammen durch Dick und Dünn. Irgendwann wurde mir bewusst, woher der Ausdruck „Hummeln im Po“ kommt, denn die Mücken waren mit der größte Motivator weiterzulaufen. Es waren so viele,
dass ich, lieber weitergelaufen bin, als auch nur 1min Pause zu machen oder meine Beutel durchzuschauen - hier habe ich also gemerkt, dass mein Körper viel mehr kann, als ich ihm zutraue.
Ab einem gewissen Punkt bin ich alleine weitergelaufen, da ich Powerbank und Kopfhörer eher semioptimal gemanagt hatte, hatte ich auch keine Ablenkung und war meinen Gedanken erlegen. Ich sag
euch, das hat sich wie ein finsteres Tal angefühlt und trotzdem bin ich weitergelaufen. Und Station für Station habe ich Versorgung erlebt. Der Herr ist mein Hirte. Mir hat nichts gemangelt, ich
hatte sogar so viel Essen dabei, dass ich noch genug Proviant für die Rückfahrt hatte und noch heute von den Riegeln lebe ^^.
Am Ende haben wir uns als Gruppe wieder gefunden (bisschen Schwund ist immer) und haben gemeinsam gefinnished. Angekommen. Behütet. Es war eine unfassbar schöne und anstrengende Erfahrung und ich kann jedem sagen, dass man es zumindest einmal im Leben versucht haben muss, weil man auch unglaublich viel über sich selbst lernt.