Freitagsinput 27.03.2020

Ich will für die Entfaltung meiner Gaben sorgen und zu meinen Eigenarten stehen.

 

Dieses Wegzeichen möchte ich mit einem der ältesten philosophischen Rätsel veranschaulichen.

Es geht um das Paradox von Theseus Schiff.

Theseus ist ein griechischer antiker Held und mit seinem Schiff ist er über viele Meere gesegelt.

Eines Tages beschließt Theseus, dass sein Schiff repariert werden muss und er bringt es in die Werft. 

Theseus bittet den Reparateur,  alle Planken und andere Einzelstücke gegen neue auszutauschen. Dieser besitzt mehrere Docks und findet es schade, die alten Planken von Theseus’ Schiff einfach wegzuwerfen, also beschließt er, in Dock A das Schiff des Theseus nach und nach auseinanderzunehmen und ersetzen zu lassen und die Planken in Dock B zu bringen, wo sie in der ursprünglichen Reihenfolge und an ihrer ursprünglichen Position wieder zu einem Schiff zusammengesetzt werden. In Dock A sind schließlich alle Einzelteile ersetzt worden, es gibt kein Teil, was geblieben ist. Mit diesem Schiff segelt Theseus weiter. 

Aber ist das wirklich Theseus Schiff? Was meint ihr?

 

Philosophisch gesehen möchte dieses Rätsel die Frage nach der Identität stellen, die erst so richtig spannend wird, wenn man sie auf uns Menschen überträgt.

Denn auch wir verändern uns. Jedes Jahr werden 98% der Atome in unserem Körper ausgetauscht. Wir bleiben also körperlich nicht die Selben, trotzdem bin ich die gleiche Person wie vor 10 Jahren. Aber auch mein Charakter hat sich seitdem verändert. Vor 10 Jahren hatte ich Angst, vor vielen Menschen zu sprechen. Heute ist das kein Problem mehr. Ich hatte auch sehr große Selbstzweifel und es fiel mir sehr schwer, meine Gaben überhaupt zu sehen, geschweige denn sie zu entfalten. Zu mir selbst zu stehen, war für mich auch nicht möglich, stattdessen wollte ich immer jemand anderes sein.

Auch deswegen gehört dieses Wegzeichen zu meinen allerliebsten.

Es drückt für mich so passend aus, wie ich durch mein Pfadfinderin-Sein mein Boot gepflegt und so gestaltet habe, wie es mir gefällt.

Ich konnte die Planken der Abenteuerlust einbauen, die mir die Angst vor Überforderung genommen haben. Die Planken der Verantwortung, mit der man sich weiterentwickeln kann. Die Planken des gütigen Blicks, die mich wohlwollend auf mich und andere schauen lassen.

 

Ich sehe oft, dass viele von uns Angst haben zu scheitern oder Aufgaben zu übernehmen.

Ich möchte Euch ganz deutlich sagen, dass Ihr diese Unsicherheit nicht braucht.

In unserer Gemeinschaft kann für Euch der Ort sein, wo Ihr entdecken könnt, wo Ihr mit Eurem Boot hinwollt.

Dafür lohnt es sich immer, neue Ideen und Planken auszuprobieren, denn nur so findet Ihr raus, ob sie zu Euch passen. Selbst wenn Eure Ideen noch so verrückt sind, probiert sie aus und wenn andere sie seltsam finden, dann sind es wohl keine Planken für die Boote der anderen, aber für Deine ganz bestimmt.

Nur wenn wir versuchen, unsere Unsicherheit nicht unser Leben bestimmen zu lassen, können wir hinaus in die Welt segeln und das Leben leben, das wir leben wollen.

 

Sophie, 20, Sippe Lisa Tetzner